Weniger ist mehr
- geheimniscremerei
- 30. Juni 2019
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Juli 2019
Jeder hat seine eigene Technik, wie er oder sie sich morgens für die Uni oder das Büro schminkt oder für ein nettes Abendessen mit seinen Freunden. Bei Problemhaut ist es nicht immer einfach, die passende Routine zu finden. Deshalb habe ich mit Sina Liebmann, einer professionellen Hair- und Make-up-Artistin gesprochen, um ihr ihre Geheimnisse für ein schönes Hautbild zu entlocken. Sina hatte früher auch mit unreiner Haut zu kämpfen. Und eins kann ich euch dabei jetzt schon verraten: Es ist einfacher, als man glaubt.
Hast du Tipps für eine gute Basis für die Haut?
Also die beste Basis ist eigentlich viel Pflege vorher. Also es gibt viele, die denken, man kann keine Creme drunter machen weil dann das Make-up verschmiert oder nicht hält oder zu fettig ist. Aber eine gute Hautvorbereitung ist das A und O. Außerdem regelmäßig das Gesicht gut reinigen. Und Masken auftragen und Peelings, wenn die Haut irgendwo trocken ist, sodass die Hautschuppen entfernt werden. Und am besten auch noch ein Serum drunter. Je nachdem, was die Haut eben braucht. Meistens ist das aber Feuchtigkeit. Das ist eigentlich nie falsch. Und das lange einmassieren.
Was heißt lang?
Bis die Creme eingezogen ist. Ordentlich was drauf machen, nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig, dass überall nur gerade so etwas hinkommt. So, dass die Haut richtig voll ist mit Feuchtigkeit. Nur dann hält das Make-up auch gut.

Hast du da irgendeinen Produkttipp? Oder machst du das komplett abhängig vom Hauttyp?
Das würde ich immer von der Haut und der Person abhängig machen. Jeder hat ja so seine Creme, die er gerne mag. Aber prinzipiell ist eine ganz normale Feuchtigkeitscreme nie verkehrt.
Wenn es daran geht, eine Foundation aufzutragen, hast du da einen Tipp, wie man die am besten aufträgt?
Also was ich gerne benutze ist ein Primer. Natürlich Hauttypabhängig. Es gibt spezielle Primer. Zum Beispiel für große Poren, die verfeinern die Poren und machen das Hautbild matter. Dann gibt es welche für Feuchtigkeit, die verfeinern auch die Poren und schenken noch mehr Feuchtigkeit. Dann gibt es welche mit einem Schimmer , die das ganze ein bisschen mehr glowy machen. Das finde ich immer gut für unten drunter. Man kann aber auch mehrere nehmen. Nicht übereinander, aber zum Beispiel an der Nase einen porenverfeinernden und an den Wangen einen mit Schimmer. Da kann man variieren. Ich persönlich trage Foundation am liebsten mit den Fingern auf. Aber nicht wie eine Creme im Gesicht verteilen, sondern nur punktuell. Fast niemand braucht im ganzen Gesicht Make-up. Sondern nur auf den Stellen, die unruhig sind. Und dann klopfe ich das in die Haut ein.
Hast du da ein Lieblingsprodukt, das du empfehlen würdest?
Von einer speziellen Marke jetzt eigentlich nicht. Ich bin aus der Drogerie sehr mit Maybelline zufrieden, wenn es jetzt nicht so teuer sein soll. Ich arbeite gerne mit flüssigen Make-ups. Das kann man am dünnsten auftragen und gut schichten, sodass es dann deckender wird. Da arbeite ich immer mit, egal wie gut oder schlecht die Haut ist.
Wie stehst du zu einer klassischen BB-Cream?
Ich habe eine für mich selbst, die benutze ich gerne im Sommer. Da benutze ich aber trotzdem immer noch eine normale Creme drunter.

Also sie ersetzt keine Tagespflege?
Sie ersetzt keine Tagespflege, dafür sind viel zu wenig Wirkstoffe drin. Und dann trägt man das ja auch nicht so dick auf wie eine normale Creme. Ich finde grundsätzlich eine BB-Cream ganz gut, gerade für Leute die wenig sehr sichtbare Probleme mit der Haut haben, sondern einfach nur ein bisschen frischer aussehen wollen oder im Sommer, wenn man nicht so geschminkt aussehen will.
Wir haben ja eben schon drüber gesprochen, dass eigentlich fast niemand überall im ganzen Gesicht Make-up braucht. Wenn jemand Akne hat, hast du dann einen Tipp für denjenigen, die zu überschminken?
Also grundsätzlich ist das immer viel Arbeit, wenn man das abdecken möchte. Man wird immer die Pickel durchsehen, weil das einfach Erhebungen sind im Gesicht. Aber man kann die Rötungen wegnehmen. Das mache ich immer mit Camouflage-Produkten in der Komplementärfarbe. Sprich bei roten Pickeln eine grüne Farbe, weil die das Rot neutralisiert. Das gibt’s zum Beispiel von Nyx, das ist nicht so teuer. Ich selbst arbeite hauptsächlich mit Make Up Forever.
"Fast niemand braucht im ganzen Gesicht Make-up. Sondern nur auf den Stellen, die unruhig sind."
Wirklich punktuell nur auf die Rötungen ein bisschen von der grünen Camouflage auftragen und einklopfen. Wenn der Pickel entzündet ist, am besten mit einem Wattestäbchen, damit man die Entzündung nicht weiter trägt. Das neutralisiert den Rotstich. Darüber dann das Make-up auftragen oder den Concealer oder das Produkt, mit dem man am besten zurecht kommt. Aber erstmal punktuell die ganzen Rötungen und Unreinheiten abdecken und dann schauen, was man noch abdecken muss, bevor man sich das ganze Gesicht zukleistert.
Die Camouflage-Produkte sind eher fester. Wie stehst du zu klassischen grünen Concealern?
Also kommt immer drauf an. Ich kenne aus der Drogerie nur den einen Concealer von Nyx, den finde ich nicht so gut, weil der meiner Meinung nach nicht grün genug und zu flüssig ist. Der ist ein bisschen bläulich. Das dient nicht so gut als Komplementärfarbe.
Bei den Camouflage-Produkten ist es eben gut, dass die so fest sind. Die trocknen auf der Haut ein bisschen an und halten dadurch besser. Wenn man ein flüssiges Produkt drauf macht, bringt das da oft nicht so viel, weil man das eher verwischt.
Wie ist es denn mit Puder? Vorher abpudern? Nachher abpudern? Überhaupt abpudern?
Momentan geht ja der Trend eher zum nicht Abpudern, einer glowy Haut und am besten so glänzend wie nur irgend möglich. Ich weiß zum Beispiel von mir, dass ich das nicht leiden konnte, als meine Haut schlimm war mit Unreinheiten, wenn die glowy war. Das war nämlich eher fettglänzend. Trotzdem habe ich die nicht wie wild abgepudert. Ich habe in der T-Zone abgepudert, also an der Stirn, Nase und der Wangenbereich neben der Nase und am Kinn unter den Lippen. Und dann ganz leicht über das ganze Gesicht. Wenn das Make-up zu nass ist, dann sieht das oft so zugekleistert aus. Ich benutze einen flachen Make-up-Pinsel unter den Augen und an den Wangen, wo die Poren meist größer sind. Damit presse ich das Puder richtig ein. Für das Gesicht nehme ich einen klassischen fluffigen Puderpinsel, gehe damit in mein Puder und klopfe den so richtig ab und presse das dann in die Haut ein. Ich wische nicht über das Gesicht, wie man es leider oft sieht, sondern drücke das da ein. Grundsätzlich ist es schon gut, wenn man Make-up benutzt hat, dass man das abpudert. Das Puder fixiert das Make-up auf der ganzen Haut.
"Man darf sich nicht darauf versteifen, was auf dem Pinsel drauf steht wofür der eigentlich gedacht ist."
Welches Puder benutzt du?
Eins von Maybelline aus der FitMe-Reihe, das ist ein gepresstes transparentes Puder. Ich benutze kein loses, weil man davon oft schnell zu viel nimmt.
Wie steht du zum Baking-Trend?
Mag ich gar nicht. In der Ausbildung haben wir das nie gemacht, außer, als wir Drag-Unterricht hatten. Das kommt schließlich aus der Drag-Szene. Man braucht das eigentlich auch nur, wenn man extrem viel Produkt im Gesicht hat, wie eine Drag Queen. Ich persönlich halte da aber im täglichen Gebrauch nicht viel von. Man sieht dann sehr schnell zugekleistert aus. Dann lieber eine halbe Stunde mehr Zeit nehmen, oder zehn Minuten, je nachdem, wie viel man macht, und sorgfältig so wenig Produkt wie möglich auf das Gesicht bringen.

Also weniger ist mehr?
Weniger ist definitiv mehr.
Wie ist es, wenn jemand trockene Haut oder auch trockene Stellen hat? Du hast vorhin ja gesagt, du benutzt dann ein Peeling. Wäre das auch etwas für den Alltag, vorm Schminken ein Peeling zu benutzen? Hast du da sonst noch Tipps?
Grundsätzlich ist es nicht gut, jeden Tag ein Peeling zu machen. Egal was für eine Haut man hat. Ich würde das auf einmal in der Woche beschränken. Wenn man schuppige Stellen im Gesicht hat, kann man ganz leicht peelen, indem man mit einem Waschlappen vorsichtig drüber geht. Aber nicht zu grob, weil trockene Haut schnell dazu neigt, rot zu werden. Sonst mit viel Feuchtigkeit arbeiten und auf die Problemstellen nicht zu viel Make-up aufzutragen, das hebt das sonst so hervor. Das ist schon ein bisschen schwierig mit trockener Haut, aber machbar. Auf keinen Fall die schuppigen Stellen abpudern, das hebt sie nämlich besonders schlimm hervor.
Welche Tools benutzt du am liebsten?
Meine Finger. Wenn ich das komplette Gesicht gemacht habe, nehme ich nochmal einen Beauty Schwamm, zum Beispiel den von Real Techniques. Nass machen vorher, das wissen viele nicht. Unter fließendem Wasser nass machen und dann gut ausdrücken, das kaum noch Feuchtigkeit drin ist. Dann ist er richtig fluffig und saugt kaum Produkt auf. Wäre der trocken würde der alles aufsaugen. Dann fixiere ich das Make-up mit einem Puderpinsel. Da gibt es gute Drogerieprodukte, ich habe viele Pinsel von Zoeva. Die sind sehr gut aber auch recht teuer. Man darf sich nicht darauf versteifen, was auf dem Pinsel drauf steht wofür der eigentlich gedacht ist. Als Beispiel, ich benutze den Make-up-Pinsel um Puder unter meinem Auge aufzutragen. Man kann die Pinsel ruhig zweckentfremden. Wenn da zum Beispiel Augenbrauen drauf steht, heißt das nicht, dass ich mir damit keinen Lidstrich ziehen kann. Sonst benutze ich an Tools wenig.
"Auf keinen Fall schuppige Stellen abpudern, das hebt sie nämlich besinders schlimm hervor."
Irgendein No-Go, was das Schminken von anspruchsvollerer Haut betrifft?
Ich sage mal ein No-Go bei fettiger Haut ist noch eine fettige Creme drunter zu machen. Nicht nur, dass sich die Person meist sehr unwohl damit fühlt, sondern die Haut glänzt dann noch mehr. Grundsätzlich würde ich also davon abraten. Bei unreiner Haut mit entzündeten Pickeln, die aufgehen können, sollte man echt aufpassen mit Schwämmen, damit man die nicht ins ganze Gesicht überträgt. Deshalb habe ich vorhin gesagt mit Wattestäbchena arbeiten, damit man keine Schmierinfektionen hat. Genauso wichtig: Pinsel waschen. Das vergessen leider auch viele. Im Job wasche ich meine Pinsel täglich, auf der Arbeit sogar nach jedem Model. Mit einem Sprühreiniger einfach auf einem Tuch. Dann sprüh ich noch Alkohol drüber und dann ist der auch sauber. Natürlich nicht tief rein, aber dann ist er wenigstens mal desinfiziert. Und privat sollte man einmal die Woche seine Pinsel sauber machen, damit man sich nicht Bakterien im Gesicht verteilt.
Hast du da einen Tipp, wie man das besonders schnell und besonders einfach machen kann?
Ich mache meine Pinsel mit Kernseife sauber. Das ist super günstig. Man braucht diese ganzen Pinselreiniger überhaupt nicht. Nimm einfach den Seifenblock in die Hand, nimm den Pinsel, mach den nass und schäum ihn auf der Seife richtig auf. Spül den Pinsel aus, drück ihn gut aus und leg ihn auf eine Kante, so dass die Haare im Freien liegen. Klar dauert das ein bisschen, aber das lohnt sich.
"Privat sollte man einmal die Woche seine Pinsel sauber machen, damit man sich nicht Bakterien im Gesicht verteilt."
Wenn jetzt jemand seine Foundation doch im ganzen Gesicht auftragen will, zum Beispiel jemand mit entzündlicher Akne, wie desinfiziert man dann am besten den Pinsel nach dem Waschen?
Einfach mit Alkohol aus der Apotheke. Ich weiß jetzt gerade nicht wie viel Prozent, aber das wissen die in der Apotheke. Einfach einen Sprühkopf kaufen, gibt es auch in der Apotheke und dann einmal drauf sprühen und das reicht dann.
Trocknet das über Nacht?
Ja, das trocknet über Nacht. Du kannst dir auch ein sauberes Handtuch nehmen und die Pinsel sanft über das Handtuch reiben, dann ist der in 1-2 Stunden komplett durchgetrocknet.
Hast du sonst noch einen Geheimtipp?
Ich habe sehr gerne als Pflege vorm Schminken für Models die ganz normalen Feuchtigkeitskapseln von DM benutzt. Das sind so kleine blaue Kapseln mit Hyaluron für Feuchtigkeit. Die funktionieren echt total gut unterm Make-up. Die sind echt super. Ruhig auch vielleicht mal Drogerieprodukte ausprobieren. Die sind oft super. Es muss nicht immer High End sein, damit das was taugt. Ich habe viele Produkte aus der Drogerie, vorwiegend Maybelline. Die sind bezahlbar und sehr gut. Da mag ich die FitMe-Make-ups, damit kann man auf jeder Haut gut arbeiten.
Es muss also nicht immer das teuerste Make-up sein, um gute Ergebnisse zu erzielen. Mit einer guten Pflege als Basis und einer leichten Hand mit Zugabe von wenig Puder kann jeder ein schönes, ebenmäßiges Hautbild erzielen.
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