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Rosazea: Hast du einen Sonnenbrand?

  • geheimniscremerei
  • 26. Juni 2019
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Juli 2019

Ich lege mein kleines schwarzes Notizbuch vor mich auf den Schreibtisch, krame noch schnell einen Kugelschreiber aus meinem Mäppchen. Dann wähle ich Silkes Telefonnummer. Nach einem kurzen Klingeln hebt sie ab. Sie begrüßt mich freundlich. Ihre Stimme klingt nett und warmherzig. Silke ist 55 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Töchter. Sie arbeitet als Vollzeitkraft. Und Silke hat Rosazea. Wir plaudern über ihre Diagnose, den Anspruch an Perfektion und ihren Umgang mit der Hautkrankheit.


Wusstest du von Anfang an, dass du Rosazea hast?


Die Rosazea habe ich eigentlich erst recht spät diagnostiziert bekommen. Früher war das eher so ein „Ach guck mal, wie süß, Silke wird schon wieder rot!“ Ich hatte so eine Art Flashs, ich bin anfallartig plötzlich rot geworden. Da habe ich dann gemerkt, dass meine Haut ziemlich empfindlich und reizbar ist, aber damit habe ich immer einfach gelebt, ich sah immer leicht gerötet aus. Die Leute kannten mich auch so.


Und warum hast du erst so spät deine Diagnose bekommen?


Ich bin schon immer jemand gewesen, der möglichst wenig Aufwand betrieben hat. Ich fand das immer sehr schön, möglichst natürlich auszusehen. Deshalb habe ich wirklich spät erst angefangen mich zu schminken. So habe ich mir gefallen. Diese Rötungen der Haut, da habe ich einfach mit gelebt und nicht wirklich bewertet, bis es stärker wurde. Ich war da schon immer, wie soll ich sagen, minimalistisch.


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Also war dir das nicht als „Auffälligkeit“ bewusst oder einfach egal?


Ich habe mich einfach nie damit beschäftigt. Es hieß einfach immer, ich habe einen sehr hellen Hauttyp, bei Sonne bin ich immer eher rot geworden als braun. Dann geht man natürlich auch schon anders damit um. Ich bin der Sonne auch schon immer aus dem Weg gegangen. Ich glaube, es hat mich selbst einfach nicht gestört. Wenn es mich gestört hätte oder ich ein Bewusstsein für gehabt hätte, dass das eine Hautkrankheit ist, dann hätte ich mich da sicherlich kundig gemacht. Aber ich habe es eben lange nicht so gesehen.


Und wie hast du dann deine Diagnose bekommen?


Ich war bei einer Kosmetikerin und die hat mir das gesagt.


Wie hat sie deine Rosazea dann behandelt?


Bei Rosazea muss man wissen, dass das Erscheinungsbild oder das Gefühl, das man hat, wie eine ziemlich schlimme trockene Haut ist. Das schlimmste, was man bei Rosazea aber machen kann, das sollte man als Fachpersonal auch wissen, ist, fetthaltige Produkte zu benutzen und die Haut mit fetthaltigen Produkten zu behandeln. Das hat diese Kosmetikerin getan. Und im Winter, wenn die Haut besonders schlimm war, hat sie so richtig richtig fetthaltige Produkte benutzt. Und dadurch hatte ich dann das erste Mal einen entzündlichen Schub.


Wie sah das aus?


Ich habe Pickel bekommen, wie so Knötchen unter der Haut und Eiterpickel. Dann habe ich das erste Mal so richtig angefangen über Rosazea zu lesen. Und habe festgestellt, dass die Kosmetikerin mich wirklich komplett falsch behandelt hat. Tja und dann bin ich zu ihr hin und habe ihr sehr ausführlich meine Meinung gesagt und bin nicht mehr hingegangen. Dann habe ich die Kosmetikerin und die Produkte gewechselt. Jetzt gehe ich alle sechs Wochen zu einer medizinischen Kosmetik und mittlerweile komme ich auch ganz gut damit zurecht.



Hautbilder bei Rosazea
links: Rötung bei Rosazea, rechts: Papeln und Pusteln bei Rosazea ©Galderma

Gab es auch eine Zeit, in der du nicht zurecht gekommen bist?


Ich habe, als ich meinen Arbeitgeber gewechselt habe, angefangen mich zu schminken, weil ich mich nicht mehr so wohl gefühlt habe. Da wurde ich dann nämlich gefragt: „Huch, hast du einen Sonnenbrand?“ Dann habe ich angefangen Make-up zu benutzen. Das habe ich früher nicht gemacht. Aber das ist sonst soweit ganz okay für mich.


Glaubst du, es hätte in deinem späteren Verlauf einen Unterschied gemacht, wenn du von Anfang an eine Diagnose gehabt hättest?


Ich denke schon. Ich hätte die Hautpflege sicherlich bewusster gemacht. Ich hätte so manche fetthaltige Creme nicht benutzt, weil ich ja auch der Meinung war, meine Haut ist trocken, die braucht mehr. Man sagt ja eigentlich, Feuchtigkeit ist wichtig, aber bei meiner Haut haben sie leider alle immer gesagt, die braucht Fett. Und wenn ich gewusst hätte, dass Fett mein größter Feind ist, dann hätte ich die natürlich gar nicht erst benutzt.

Ich sehe das bei meinen Töchtern, vor allem bei meiner großen. Sie geht sehr bewusst mit dem Thema um. Sie hat schon sehr früh angefangen, sich im Gesicht richtig zu pflegen. Sie weiß, dass sie die Veranlagung hat.


Was sollte man bei Rosazea vermeiden?


Die Auslöser muss man halt kennen. Wenn du dich körperlich anstrengst, ist das schlecht. Sauna ist auch schlecht, Alkohol, scharfes Essen, das sind Dinge, die man vermeiden sollte. Genauso Stress. Dem einen kann man aus dem Weg gehen, dem anderen etwas schwieriger. Was auch noch sehr wichtig ist, man muss sich extrem vor der Sonne schützen, mit einem hohen Lichtschutzfaktor. Und sich bewusst der Sonne nicht aussetzen. Ich meide Sonne im Gesicht.


Du arbeitest ja Vollzeit. Merkst du da, dass deine Haut, wenn du Stress hast auf der Arbeit oder so, dass deine Haut dann anders reagiert?


Ja, ich merke das schon. Mein Gesicht wird rot, das nimmt zu. Das bildet sich aber teilweise wieder zurück, das deckt dann allerdings auch das Make-up nicht mehr ab. Also wenn ich richtig Stress habe, dann müsste ich mir wahrscheinlich eine Fünf-Zentimeter-Schicht ins Gesicht schmieren. Und dann hilft auch gar nichts mehr, das kommt einfach durch. Aber wie gesagt, das geht auch wieder leicht zurück. Man sagt ja, dass die Haut der Spiegel der Seele ist. Und das merkt man in solchen Momenten.


Zum Thema Schminken. Du hast erzählt, dass du einen gewissen Anspruch an dich hast, was das Aussehen betrifft. Wenn du allein oder mit deinem Mann zuhause bist, schminkst du dich dann auch?


Nein, eigentlich nur, wenn ich raus gehe. Also wenn Sonntag ist und wir machen morgens eine Fahrradtour oder so, dann schminke ich mich nicht. Das ist schon etwas, was eher mit draußen gesehen werden zu tun hat.


"Cool! Mal ungeschminkt wohlfühlen, wäre auch mal nicht übel."

Ist das für dich ein Druck der da auf dir lastet, ein Anspruch an Perfektion?


Druck würde ich das nicht nennen. Aber ich fühle mich wohler, wenn ich geschminkt arbeiten gehe. Dadurch, dass ich ein sehr leichtes natürliches Make-up habe, ist das für mich auch immer noch in Ordnung. Ich erkenne mich nicht wieder, wenn ich mich so dick mit Make-up einschmieren würde. Das entspricht nicht meinem Typ und das gefällt mir auch nicht. Aber das, was ich benutzte, führt nur dazu, dass ich einfach ein bisschen ebenmäßigeres Hautbild habe.


Was benutzt du?


Etwas von Bareminerals. Das hat mich überzeugt, weil das sehr gut abdeckt, aber sehr natürlich noch ist. Und da sind nur ganz wenige Stoffe drin.


Kannst du anderen Rosazea-Patienten einen Tipp geben, was das Schminken und den Umgang mit Rosazea betrifft?


Also immer bei sich zu bleiben und nicht danach zu gehen, was die anderen sagen. Man muss sich selbst wohl fühlen. Das ist wichtig. Bis ich Ende 40 war, habe ich mich nicht regelmäßig geschminkt, und das war voll ok.

Wenn das eine entzündliche Rosazea ist, kann man unheimlich viel mit Ernährung machen. Durch das Weglassen von Weizen, Zucker und Milchprodukten kann man die Haut enorm beruhigen. Und einfach auf die Kosmetika achten, dass man sich da einfach was Gutes gönnt, was natürlich ist und so wenig wie möglich künstliche Stoffe hat. Und vielleicht noch regelmäßig kosmetische Behandlungen. Das, muss ich sagen, tut der Haut sehr gut. Ich merke, wenn ich alle sechs Wochen eine Behandlung mache, das sieht man der Haut wirklich an. Gerade im Wechsel der Jahreszeiten, ist die Haut ja eh nochmal durch die Heizungsluft und Sonne auch noch mal belastet. Und da hilft so eine medizinische Kosmetik sehr viel.


Und welche Behandlungen sind das dann, die du da machst?


Meine Kosmetikerin benutzt verschiedene Seren und kühlende Masken. Das tut der Haut sehr gut. So wenig wie möglich mit heißem Dampf, das ist nämlich wieder schlecht für die Äderchen.


Um noch einmal zurück zum Thema Schminken zu kommen: Du schminkst dich regelmäßig für die Arbeit und fühlst dich damit wohler. Angenommen, du bist zu spät für die Arbeit, weil du verschlafen hast. Ist Schminken da ein Schritt, auf den du nicht verzichten würdest, egal wie spät du bist?


Ja! Da würde ich auch auf keinen Fall drauf verzichten. Dadurch, dass ich mich jeden Tag schminke, da würde ich mich einfach nicht fit fürs Büro fühlen, wenn ich in den Spiegel schauen würde, und nicht geschminkt wäre.


Du hast zwar vorhin gesagt, es ist kein Druck, aber...


Ja, in dem Fall ist das dann doch Druck.


Silke mit überschminkter Rosazea.
Silke fühlt sich mit einem leichten Make-up am wohlsten.

Ist das Stress für dich, wenn du spontan weg gehst? Auf einen Kaffee mit Freunden oder so? Schnell noch schminken?


Nee, da gehe ich dann schon ungeschminkt. Das bezieht sich nur aufs Büro, auf meinen Job. Wenn eine Freundin mich anrufen würde, ob ich spontan auf ein Eis mitkommen will, dann würde ich zwar Kajal und Wimperntusche auflegen, aber kein Make-up. Das ist dann für mich auch absolut ok.


Warum machst du da eine Unterschied? Inwiefern differenzierst du da?


Das hat einfach für mich mit Professionalität zu tun. Meinen Job mache ich natürlich nicht besser, wenn ich geschminkt bin. Aber es ist das Erscheinungsbild im Büro, sodass man die Unterscheidung zwischen privat und beruflich fällt. Da ist für mich diese Trennlinie. Und dass man im Büro natürlich so perfekt wie möglich aussehen will, um damit eben professionell zu wirken. Also nicht nur vor den Kollegen, sondern auch Externe. Wir haben viele Besucher und ich habe dann viel mit dem Vorstand zu tun. Und dann gehört das für mich, wie die Kleidung auch dann einfach dazu, auch im Gesicht entsprechend auszusehen.


Und wenn du jemanden gegenüber sitzen hast, der nicht geschminkt ist, wirkt der dann für dich unprofessionell?


Nein, das ist nur ein Anspruch an mich selber. Das muss jeder für sich wissen und entscheiden. Ich habe zum Beispiel eine Kollegin, die hat Rosazea und die schminkt sich nicht und sie hat das stärker als ich. Wenn jemand mit der Haut nicht perfekt ist, dann ist das halt so. Es fällt einem aber auf. Gerade heute, wo der Anspruch an Perfektion so viel höher ist als früher. Ich denke, dass Aussehen einen anderen Stellenwert als früher hat. Und da fällt es dann einfach auf, wenn jemand nicht perfekt ist. Aber in der Regel finde ich das total schön, wenn jemand ungeschminkt ist. Wäre eher was, wo ich sagen würde: „Cool! Mal ungeschminkt wohlfühlen, wäre auch nicht übel.“


Ist es denn eine Belastung für dich, mit Rosazea eine Hautkrankheit zu haben, die man sieht?


Also eine leichte Belastung ist es denke ich schon. Ich fände das einfach schön, wenn mein Hautbild ein bisschen anders wäre. Also insofern ja. Aber nicht so, dass ich da wirklich drunter leide.


Kannst du noch einen abschließenden Tipp geben?


Nicht zu versuchen, 100 Prozent perfekt zu sein. Das führt dazu, dass man sich so ein bisschen verlieren kann. Perfekt ist letztendlich niemand. Und wenn du dich gar nicht wohl fühlst, dann versuch es mit einem leichten Make-up, was aber nicht zu 100 Prozent abdeckt, für jeden Tag. So dass es noch eine Steigerung gibt.



Wer sich noch genauer über Rosazea informieren möchte, kann das zum Beispiel beim Deutschen Ärzteblatt oder bei Rosacea-Info tun.


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